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Definition des Kunstspielklaviers


Ein Kunstspielklavier ist ein automatisches Klavier, das aber im Gegensatz zum Elektrischen Klavier dem Benutzer die Möglichkeit gibt, die Wiedergabe der Musik zu beeinflussen. Kunstspielklaviere werden pneumatisch betrieben. Die Musik wird durch gelochte Papierstreifen, die sogenannte Klavierrolle oder Notenrolle, als Trägermedium übertragen. Diese Klavierrollen sind auswechselbar und waren im Musikalienhandel zu kaufen. Das Kunstspielklavier ist auch als normales Klavier von Hand spielbar. Unten mittig am Instrument sind zwei Tretbälge ähnlich denen beim Harmonium angebracht. Mit diesen wird durch ständiges Treten beim Spiel des Instruments die für den Transport der Notenrolle und die pneumatische Auslösung der Klaviermechanik nötige Saugluft erzeugt. Das Kunstspielklavier hat an der Vorderseite Regler in Form von Knöpfen, Schiebern oder Druckschaltern. Mit diesen kann der Benutzer, in der Fachsprache Pianolist genannt, die Wiedergabe beeinflussen. Durch diese Regler sind im Normalfall die Geschwindigkeit der Notenrolle, die Pedale und Laut- und Leisefunktionen für Bass und Diskant regelbar. Damit war erstmals eine Wiedergabe möglich, die annähernd dem Spiel eines Pianisten glich.

Vor der Entwicklung des Reproduktionsklaviers galt das Kunstspielpiano als ernsthafte Form der künstlerischen Wiedergabe von Musik, es gab sogar Berufs-Pianolisten.

Das Elektrische Klavier hat keinerlei Regelungsmöglichkeiten, hier werden einfach die fabrikmässig nach den Noten in die Klavierrolle gestanzten Löcher gleichförmig abgespielt. Das Elektrische Klavier hatte daher seinen Platz in Lokalen und Unterhaltungsstätten mit einfachen musikalischen Ansprüchen. Ist es gekoppelt mit weiteren Instrumenten wie Schlagzeug und Orgelpfeifen, so spricht man von einem Orchestrion.

Das erste echte Kunstspielklavier mit Regelungen der Betonung wurde um 1900 von der amerikanischen Firma Aeolian Company in New York auf den Markt gebracht und erhielt den Markennamen „Pianola“, es spielte 65 Töne. Dieser Name wurde und wird häufig als Synonym für die gesamten selbstspielenden Klavier benutzt, vor allem in den englischsprachigen Ländern. 1902 brachte die Ludwig Hupfeld AG in Leipzig das Kunstspielklavier „Phonola“ auf den Markt, das zuerst 73, später dann 88 Töne spielen konnte. Ebenfalls 1904 stellte Hupfeld das „Phonoliszt-Klavier“ vor, das bereits eine Art Anschlagsnuancierung beherrschte. 1905 kamen von der Aeolian Company die ersten Künsterrollen. Sie waren nicht mehr nur einfach von den Noten abgelesene und in die Notenrolle gestanzte Toninformationen, diese von leibhaftigen Pianisten eingespielten Rollen gaben schon die Agogik, also die Tempoänderungen der Pianisten beim Klavierspiel wieder. 1905 brachte die Freiburger Firma M. Welte & Söhne ihr „Welte-Mignon“ genanntes Reproduktionsklavier auf den Markt. Es konnte erstmals die von Pianisten eingespielten Aufnahmen weitestgehend authentisch wiedergeben.

Da Reproduktionsklaviere aber nach dem höchsten Standard des Klavierbaus und der Pneumatik gebaut und deshalb sündhaft teuer waren, erfreuten sich die einfacheren Kunstspielklaviere wie auch die Elektrischen Klaviere noch bis in die 1930er Jahre grosser Beliebtheit. Im englischen Sprachgebrauch werden diese Art von Klavieren meist Player Piano oder Pianola genannt, ohne die Art des Instruments genauer zu bezeichnen.

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